Die Regierung hat im Koalitionsvertrag festgelegt, dass der Einsatz von Glyphosat und anderen giftigen Pflanzenschutzmitteln beschränkt werden soll. Allerdings gibt es bestimmte Fristen, innerhalb derer die Mittel geprüft werden müssen und dann eine Zulassung bekommen oder eben – je nach Ergebnis – keine Zulassung bekommen. Wird die Frist nicht eingehalten, bedeutet das aber nicht, dass die Pflanzenschutzmittel mit ihrer Zulassung warten müssen, sondern ihre Zulassung verlängert sich automatisch. Genau das ist nun geschehen. Etwa 100 Herbizide und Insektizide sind nicht rechtzeitig geprüft worden und haben damit eine Verlängerung ihrer Zulassung „gewonnen“.
Die Pestizide sollen nun einfach wieder auf den Markt kommen, besagt die Antwort der Bundesregierung auf die diesbezügliche kleine Anfrage der Partei der Grünen. Das ist aber keineswegs ein einmaliger Ausrutscher. Schon im Dezember 2018 musste die Zulassung von 106 glyphosathaltigen Pflanzenschutzmitteln verlängert werden, weil die Prüffristen ergebnislos verstrichen sind.
Der Grünenpolitiker Harald Ebner ist entrüstet: „Es kann nicht sein, dass die übergroße Mehrheit der Pestizide einfach auf dem Markt bleibt, obwohl unklar ist, ob sie nach heutigem Stand überhaupt noch zugelassen werden dürfen.“ Das ist besonders befremdlich, weil es keine Angaben oder Erklärungen dazu gibt, warum die Behörden eine Prüfung und Risikobewertung im vorgegebenen Zeitrahmen nicht hinbekommen haben. Mancher vermutet dahinter schon eine Taktik, die Beschränkungen stillschweigend auszuhebeln.
Damit werden die Pläne des Umweltministeriums elegant unterlaufen, die die Nutzung von Pestiziden – insbesondere von Glyphosat – deutlich stärker an Voraussetzungen, Prüfungen und Auflagen binden wollen. Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) hatte das Ende letzten Jahres angekündigt. Das Umweltbundesamt hätte für dieses Jahr zur Auflage machen sollen, dass ein vorgeschriebener Anteil der Agrarflächen frei von Pestiziden bewirtschaftet werden muss, um auf diese Weise die Biodiversität, also gesunde Lebensräume für Pflanzen und Insekten einzurichten.
Diese Rückzugszonen sollen den Wildpflanzen und Tieren als eine Art Reservat diesen, in dem sie sicher sind und sich vermehren können. In Fällen, wie hier bei der Fristversäumnis, wo die Zulassungen automatisch verlängert werden, kann das Umweltbundesamt nicht eingreifen. „Es darf nicht sein, dass das zum Dauerinstrument wird“, sagte ein Sprecher des Ministeriums. Union und SPD hatten im Koalitionsvertrag vereinbart, den Einsatz glyphosathaltiger Mittel zuerst einzuschränken, danach aber „die Anwendung so schnell wie möglich grundsätzlich zu beenden“.
Diese jetzige Lage ist besonders ärgerlich, da die Debatte um den Einsatz des hochgiftigen und mutmaßlich krebserregenden Glyphosat hart geführt werden musste und den Aktivistengruppen viel Zeit und Nerven abverlangt hatte. Das damit verbundene Volksbegehren zum Artenschutz war ein klarer Ausdruck des Willens des Volkes gewesen. Allein in Bayern konnte das Volksbegehren eine Million Unterschriften einsammeln.
All das soll nun vergebens gewesen sein, weil die Behörden einfach Fristen haben schleifen lassen und damit die Möglichkeit vertan haben, die Verwendung dieser oft hoch giftigen Mixturen zumindest einzudämmen. Wie sollen die Lebensräume für Pflanzen, Tiere und Insekten geschützt und erhalten bleiben, wenn die Behörden die Fristen verschlafen und ungeprüften, potentiell schädlichen Pestiziden freie Fahrt geben. Diesen Sommer jedenfalls können wieder ungehindert quadratkilometerweite Flächen mit Glyphosat behandelt werden, das unsere Nahrung vergiftet und ein Massensterben unter den Insekten anrichtet.
Quelle: connectiv.events
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