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Wenn Big Pharma nicht mehr forscht !

Pharmakonzerne ziehen sich aus der Entwicklung neuer Arzneimittel gegen neurologische Erkrankungen immer mehr zurück Die Welt wartet ungeduldig auf ein Medikament gegen Alzheimer. Doch der Durchbruch lässt auf sich warten. Erst Anfang des Jahres gab das Pharmaunternehmen Pfizer seinen Rückzug aus der Alzheimerforschung mangels Erfolgen bekannt. Wie groß der Neurologieanteil in Pfizers Forschungs- und Entwicklungsbudget war, ist nicht bekannt.

Man kann jedoch davon ausgehen, dass für die Suche nach einem Alzheimermedikament im Laufe der Jahre hunderte Millionen Dollar aufgewendet wurden. “Die Forschung in der Neurologie ist besonders aufwendig”, sagt Michael Wolzt, Leiter des Koordinationszentrums für Klinische Studien an der Med-Uni Wien. Im Vergleich zu anderen Krankheiten entwickeln sich neurologische Erkrankungen häufig langsamer, Erfolge sind daher schwerer zu messen. “Es müssen viele Patienten beobachtet und Hochrisikogruppen identifiziert werden, um Verbesserungen feststellen zu können”, so Wolzt. Gerade diese Patienten hätten jedoch schlechtere Prognosen, da abgestorbene Nervenzellen nicht mehr wiederhergestellt werden können.

Das Risiko eines Forschungsflops ist in der Neurologie auch deshalb besonders hoch, weil sich erst in der letzten Entwicklungsphase eines neuen Wirkstoffs, der Phase III, mit Gewissheit sagen lässt, ob er die gewünschte Wirkung haben wird oder nicht. Bei anderen Medikamenten, etwa Krebsmitteln, zeigt sich das bereits in Phase I oder II. Bis dahin wurde noch weniger Geld verbraten. Um welche Summen es sich dabei handelt, ist ein gut gehütetes Geheimnisse der Branche. Glaubt man den Berechnungen des pharmanahen Tufts Center, dann kostet es etwa 2,7 Milliarden Dollar, bis ein neues Medikament das Verkaufsregal erreicht.

Forschung auslagern!

Eine Zahl, die gerne hinterfragt wird. Zuletzt publizierten zwei Krebsforscher im Fachjournal “JAMA Internal Medicine” eine neue Zahl. Ihren Berechnungen zufolge kostet die Entwicklung eines neuen Arzneimittels im Durchschnitt “nur” 648 Millionen Dollar. Dazu haben sie die Forschungs- und Entwicklungskosten von zehn Unternehmen analysiert, die zwischen 2005 und 2006 je ein Krebsmedikament auf den Markt gebracht haben. 5,8 bis 15,2 Jahre dauerte die Entwicklung, sie kostete zwischen 157 Millionen und 1,95 Milliarden Dollar. In allen Fällen wurden die Investitionen in wenigen Jahren wieder hereingespielt.

Doch auch diese Zahlen lassen sich nicht verallgemeinern. Gerne spricht die Industrie davon, dass neun von zehn Versuchen, eine Innovation auf dem Markt zu bringen, fehlschlagen. Darum lagern die Topplayer der Branche die Forschung immer mehr aus und kaufen immer öfter neue Medikamente von kleinen Start-ups. Sie selbst konzentrieren sich auf den Vertrieb und das Marketing. Das geht schneller und ist auch weniger riskant. Vor allem, da die Durchführung von klinischen Studien in den vergangenen Jahren empfindlich teurer wurde.

Mehr Transparenz gefordert!

Aber auch die Preise, die Firmen für neue Medikamente fordern, sind massiv gestiegen. Vor allem für Nischenprodukte, maßgeschneiderte Therapien und Medikamente für selten Erkrankungen sind Jahrestherapiekosten um die 500.000 Dollar keine Seltenheit mehr. Das bringt selbst reiche Länder unter Druck und lässt den Ruf nach mehr Transparenz laut werden. Die Weltgesundheitsorganisation fordert im Rahmen ihrer Initiative “Fair Prices” die Offenlegung der wahren Entwicklungskosten und mehr Forschung in vernachlässigten Bereichen. “Die aktuellen Anreizsysteme führen dazu, dass Arzneimittel entwickelt werden, die den höchsten Return on Investment versprechen, und nicht die, die am dringendsten benötigt werden”, erklärt die WHO. Staaten sollten demnach mehr eingreifen, um die Forschung in bisher vernachlässigte Bereiche zu dirigieren. Offen ist, wer das Risiko für die langwierige und teure Forschung tragen will, für die es keine Erfolgsgarantie gibt.

Quelle: (Andrea Fried, – derstandard.at)

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